4patas.ch
Die Fernwanderer
Fernwanderungen haben sich in den letzten Jahren zu einem unserer Hobbies entwickelt. Zu Beginn waren wir als Paar unterwegs. Inzwischen sind wir mit unseren beiden Hunden Pisco und Zimba ein munteres Vierergespann: los 4 Patas!

Begonnen hat unsere Passion für Fernwanderungen 2004 ganz klassisch mit dem Camino de Santiago. Inspiriert zum Abenteuer Camino haben uns Tante Erika und Onkel Bruno, die im erwähnten Jahr vom Bodensee bis nach Santiago de Compostela gepilgert sind. Unser ehemaliger Wohnort lag am Camino und wir durften die beiden eine Nacht bei uns beherbergen. Die Geschichten, die sie nur schon nach dem relativ kurzen Wegstück in der Schweiz zu erzählen hatten, lösten bei uns eine positive Resonanz aus. Am Abend begann ich mich auf dem Internet kundig zu tun, in der gleichen Woche stürmten wir das lokale Sportgeschäft, deckten uns mit allen nötigen Ausrüstungsgegenständen ein (inkl. mit den damals noch weitgehend verpönten Wanderstöcken, die wir keinen Meter mehr missen möchten) und an Ostern 2004 starteten wir zu unserem ersten Streckenabschnitt von Rorschach nach Einsiedeln. Mein Mann zuerst mit grosser Skepsis, weil er überzeugt war, dass ich die Dinge in einem meiner Spontananfälle nicht ganz durchdacht hatte und ich nie und nimmer bis Santiago durchhalten werde. Todmüde und geplagt von einem schrecklichen Muskelkater wussten wir beide aber nach dem ersten Tag, dass Fernwanderungen unser Ding sein werden.

Inzwischen sind viele Wanderkilometer und kleinere und grössere Projekte dazu gekommen...

Was man noch zu uns wissen muss ist, dass wir das klassische Pilgerprofil nicht ganz erfüllen. Wir tragen zwar unsere Rucksäcke selber, haben bis jetzt auch noch nie den Bus, Zug, Taxi oder sonst ein Transportmittel genommen, sondern sind bei grösster Müdigkeit, bei Regen, Schnee, starken Windböen und/oder geplagten Füssen, Sehnen und Knochen unsere Etappen zu Ende gelaufen. Hingegen tun wir uns Übernachtungen in Mehrbettzimmern mit gemeinsamen Duschen (nur kaltes Wasser!) und Toiletten nur dann an, wenn gar nichts anderes geht. Am liebsten übernachten wir im komfortablen Hotelzimmer, das im Idealfall mit einer grossen Badewanne ausgestattet ist. Auch die Variationen an Pilgermenüs haben wir durch. Wir wählen unser Essen lieber von einer Karte aus, es kann gerne auch ganz einfach sein, und mein Mann gönnt sich dazu den einen oder anderen feinen Tropfen.      

Da wir beide berufstätig sind, müssen wir unsere Fernwanderprojekte in diverse Wegabschnitte aufteilen. Dort wo wir aufhören, fahren wir das nächste Mal, manchmal auch erst ein Jahr später, fort. Wir planen die Etappen zu Hause und nehmen die notwendigen Hotelreservationen vorgängig vor. Dieses Vorgehen hat offensichtliche Vor- und Nachteile: wir müssen auf stark frequentierten Strecken nicht bereits um fünf Uhr auf den Beinen sein, um sicher zu gehen, dass wir am Ende des Tages ein Dach über dem Kopf und ein Bett für die müden Knochen haben. Ungeplante zusätzliche Kilometer, sei es weil man ins nächste oder übernächste Dorf muss oder stundenlang in einer grösseren Stadt auf der Suche nach einer Unterkunft ist, erübrigen sich. Gleichzeitig ist man natürlich weniger frei. Für uns hat sich diese Vorgehensweise aber bewährt und wir möchten es nicht anders haben. Früher habe ich ja nie ganz nachvollziehen können, wenn Sportler von Kopfsache sprachen. Heute verstehe ich dies viel besser: wenn eine vermeintlich kurze/einfache Etappe plötzlich wegen dem Wetter, Wegprofil oder was auch immer schwierig wird, leide ich oft am meisten. Wenn ich hingegen weiss, dass wir an einem Tag 40 Kilometer weit wandern oder 1'000 Höhenmeter bewältigen müssen, kann ich mich mental darauf einstellen und es klappt meistens wunderbar.

Wir sind in aller Regel mit Karten, einer oder zwei Wegbeschreibungen und einem GPS ausgestattet. Auf gut beschilderten Wegabschnitten erfüllt das GPS für mich einen rein psychologischen Zweck. Zu Hause setzen wir alle paar Kilometer sogenannte Waypoints, die wir nummerieren. Wenn ich müde bin, überlege ich mir jeweils, dass es nur noch so und so viele Waypoints sind bis zur Mittagspause, bis zum nächsten Kaffee- oder Barstop oder bis zum Etappenende. Gilt es viele Höhenmeter zu bewältigen, frage ich meinen Mann, der unser GPS-Operator ist, gelegentlich nach der bereits erreichten Höhe. Ein GPS hilft auch, wenn man sich nicht immer sklavisch genau an die gelegentlich absurde Wegführung halten will oder wenn Streckenabschnitte schlecht oder gar nicht beschildert sind.

Manch eiserner und genügsamer Pilger wird nach Lektüre unseres Portraits möglicherweise den Kopf schütteln. Uns ist das egal! Wir sind der Meinung, dass jeder/jede seinen Camino, die Via Francigena, den Swiss Trail oder wie das Projekt auch immer heissen mag, so absolvieren soll, wie es ihm/ihr passt. Wir haben auch Verständnis dafür, wenn uns Mitpilger erzählen, dass sie besonders hässliche Streckenabschnitte - mir bleiben die Vororte und die Umwanderung des Flugfelds von Burgos bei Schlamm und Regen in besonders schlechter Erinnerung - mit dem Bus oder dem Zug bewältigen. Leben und leben lassen ist unsere Devise.    

Buen camino!